Montag, 14. März 2011

Einmal Hirn einschalten bitte

Also wir stehen derzeit in der folgenden Situation:
In Japan sind einige Kernkraftwerke ohne Strom, bzw. ohne Kühlung.
Das ist es auch schon, was wir derzeit mit Sicherheit wissen.

Wir wissen nicht, ob die Betreiber oder der japanische Staat wissen, was genau derzeit an den betroffenen Reaktoren vor sich geht.

Wir wissen nur, dass sie behaupten nichts zu wissen.

Mittlerweile gab es zwei Explosionen unmittelbar an den Reaktoren. Die offiziellen Stellen - die ja angeblich nicht wissen, was vor Ort genau vorgeht - können uns nicht sagen, was die Explosion verursacht hat - aber sie wissen angeblich, dass die Explosionen nicht aus dem Reaktorinneren kam und dass die Reaktorenhüllen nicht durch die Explosion geschädigt wurden. Seltsamerweise wird von diesen Leuten die Möglichkeit einer "partiellen" Kernschmelze jedoch offengelassen.

Leute, an der Stelle einfach mal das Hirn einschalten!

Ich hätte nie geglaubt, dass noch einmal etwas passiert, was mit Tschernobyl vergleichbar wäre, aber in dem Fall drängen sich die Parallelen leider absolut auf. Es ist der Horror.

Aus Wikipedia:
[In der Nacht vom 25. zum 26. April 1986 explodiert der Reaktor. Der Schichtleiter ..] meldet einem Mitglied der Kraftwerksleitung, Nikolai Formin, dass der Reaktor intakt geblieben sei. Obwohl augenscheinlich überall kontaminierte Bruchstücke des Brennstoffes sowie Graphitelemente verstreut lagen und die Situation bei Tageslicht offensichtlich war, wird seitens der Operatoren sowie der Kraftwerksleitung noch bis zum Abend des 26. April darauf beharrt, dass der Reaktor intakt sei und nur gekühlt werden müsse.

Offensichtlich ist es ein Reflex, den Eintritt des "Unmöglichen" auf diese Weise gewissermaßen zu ignorieren.
Andererseits versteh ich die japanische Informationspolitik. Was wäre die Folge, würde man die Leute mit dem Ausmaß der Katastrophe direkt konfrontieren?

Nochwas: Sicher ist die Reaktortechnologie in Fukushima nicht unmittelbar mit der in Pribjat zu vergleichen. In Fukushima wird kein teuflisch glühender Reaktorkern aus dem Hubschrauber zu sehen sein. Auch eine starke Rauchwolke wird es wohl nicht geben. Diese sichtbaren Zeichen der Katastrophe waren in Tschernobyl hauptsächlich dem brennenden Graphitkern des RBMK geschuldet.

Nichtsdestotrotz halte ich es für äußerst wahrscheinlich, dass das, was von Reaktorkern in Fukushima übriggeblieben ist, derweil direkt Kontakt mit der Atmosphäre hat. Dieses Konglomerat aus zusammengeschmolzener technischer Einrichtung inkl. Kernbrennstoff könnte auch nicht einfach gekühlt, gelöscht, "entsorgt" oder gesichert werden. Der Reaktor und das umliegende Gebiet sind dann verloren. Der Unglücksort liegt am Meer, das verstärkt die globalen Auswirkungen einer Katastrophe. Wie lange man braucht, um die offenen Wunden, aus denen nun das unsichtbare Gift die Umwelt permanent kontaminiert, wieder zu schließen, lässt sich nicht abschätzen. Das Maß der Folgeschäden ist nicht zu erwägen und m.E. auch nicht mehr zu beeinflussen.

Dazu noch folgende Mahnung: Man weiss trotz sehr genauer Untersuchungen bis heute nicht, was in Tschernobyl Träger der Explosion war. Es wird vermutet, dass es eine Wasserstoffexplosion war.
Auch weiss man bis heute nicht, was den Reaktorbrand eigentlich erlöschen lies. Die Temperatur des geschmolzenen Kerns konnte tagelang trotz intensivster Bemühungen nicht wesentlich beeinflußt werden. Glücklicherweise "erlosch" der akute Brand am 6. Mai plötzlich wie von selbst.

Schöne Aussichten, oder? Und: WIR hätten es verhindern können! Wir alle tragen die Schuld ...


Nachtrag (13 Uhr):
Nachdem es schon vor Tagen eine deutsche Reisewarnung bzgl. Japan gegeben hat, ziehen die USA nun bereits ihre Kriegsschiffe aus dem betroffenen Gebiet aufgrund erhöhter Radioaktivität ab. EU-Staaten rufen ihre Bürger zur Ausreise auf. Die Japaner bitten die EU, keine Hilfsteams und Experten mehr zu schicken.
Der Zeitpunkt, an dem das offizielle "Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen" abgesetzt wird, scheint unerbittlich näher zu rücken. Ein Ende der dramatischen Prozesse in Japan damit allerdings leider noch immer in weiter Ferne.

Nachtrag 15.03 1:45
Nach einer 3. Explosion rückt man jetzt endlich mit der Sprache raus. Nun heisst es, vor der Explosion wurde die Ortsdosisleistung auf dem Gelände des AKW mit "nur" 2000 uS/h gemessen - immerhin der tausendfache Wert der angeblich normalen Strahlung dort - ist dieser Wert nun offiziell auf 8000uS/h gesprungen. Die "normale" Strahlung in meinem Zimmer beträgt 0,15uS/h - 53000 mal geringer!
Das bedeutet, die Leute vor Ort haben nach nur 2 Stunden die gleiche Strahlendosis eingefangen, wie ein Tschernobyl-Evakuierter oder nach 12 Stunden soviel wie der durchschnittliche "Liquidator" am Unfallreaktor in der Ukraine.

Eine Idee am Rande: Die Leute, die sich jetzt noch hinstellen und offen den Einsatz der Kernkraft proklamieren oder meinen, man kann das Risiko dieser Technologie sinnvoll abschätzen, sollten unverzüglich nach Fukushima zum Aufräumen geschickt werden. Wer sonst sollte diese Arbeit machen?

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